ARONA- 01-03-2022-- Wir beginnen eine Serie von aussergewöhnlichen Sehenswürdigkeiten, welche sich
zwischen dem Verbano-Cusio-Ossola und der nahen Schweiz besucht werden können. Das gute und interessante liegt doch so nahe.
Letzthin erzählte mir ein Freund in Zürich mit Begeisterung wie er nach einer langen Pandemie Reisepause wieder einmal in New York war und dort die Freiheitsstatue im Innern bestieg: Einfach genial diese Amerikaner, meinte er.
„Weit gefehlt erwiderte ich ihm. Es waren die Leute am Lago Maggiore, die bereits 1638 die erste höchste begehbare Statue der Welt zu bauen begannen: Sie sollte an den 1538 in Arona geborenen Carlo Borromeo erinnern, der für fast zwei Jahrzehnte der bekannteste Erzbischof von Mailand war erinnern. Bereits 26 Jahre später wurde er heilig gesprochen.
Italien war im Rinascimento (14. und 15. Jahrhundert) die wohl wichtigste und fortschrittlichste Gebiet in Europa und weiter darüber hinaus. Brillante Ingenieure, Architekten und Künstler, Handwerker wurden in dieser Zeit praktische und teoretisch ausgebildet und geformt. Das Rinascimento wurde durch den «Barock» abgelöst. Genau in diese Zeit fiel die lange Bauzeit von 74 Jahre. Krisen und Hungersnöte verzögerten die Arbeiten. Aber das Ziel war immer klar, eine 35 Meter hohe naturgetreue Nachbildung des verehrten Carlo Borromeo, San Carlo, sollte die Gegend hoch über Arona und dem Lago Maggiore beschützen. So der feste Glaube inmitten der Religionswirren.
Wie aber konnte man eine solche enorme Statue konstruieren? Man entschied sich für eine viereckige Plattform aus Stein von 11,5 Meter Höhe in welcher ein Eingang zum Aufstieg ausgespart wurde. Das Hauptwerk, die 23,4 Meter hohe getreue Nachbildung des Heiligen brauchte alle Vorstellungskraft der Ingenieure und Künstler. Noch niemand hatte in der Neuzeit ein ähnliches Werk erdacht und ausgeführt. Ob damals zuerst ein Modell erstellt wurde ist nicht überliefert, aber wir nehmen es an. Anschliessend wurden mit Holzverstrebungen, Mauerwerk und Eisenverstrebungen das Gerüst für den Körper so aufgebaut, dass eine Aussenhaut aus Kupfer so fest angeschraubt werden konnte, dass er auf 310 Meter über den See auch den grössten Stürmen ohne Schaden trotzen konnte. Mit Eisenstangen
und Verstrebungen befestigte man die ausgestreckte Hand mit dem knapp zwei Meter langen Zeigfinger.
Der «Colosso di San Carlo» kann im Innern bestiegen werden: www.statuasancarlo.it
Mit BLS und SBB fährt man nach Domodossola und dann mit Trenord in 40 Minuten nach Arona, immer am Lago Maggiore). Von dort erreicht man den «San Carlo» mit einem Taxi.
Walter Finkbohner