SIMPLON-- Vor sieben Jahren am 28. Januar 2015 versagten die Bremsen eines schweren Lastwagens nach der Fahrt über den Simplonpass. Kurz vor Erreichen des Talgrundes stürzte es über die Leitplanken in einen kleinen See und ging in Flammen auf. Der Fahrer wurde aus der Kabine geschleudert blieb wie durch ein Wunder unverletzt im Schnee liegen. Es handelte sich um einen sogenannten «Gefahrguttransport», d.h. um eine Ladung, welche für Mensch und Umwelt gefährlich sein kann. In der Tat breitete sich am Unfallort ein beissender Geruch aus und eine Spezialfirma musste zur Entsorgung beigezogen werden. Einmal mehr wurde in der Folge eine bereits schon länger dauernde politische Diskussion um die Sicherheit der Nationalstrasse entfacht.
Die am Simplonpass angrenzenden Gemeinden haben unter der Federführung von Brig-Glis unverzüglich beim zuständigen Eidgenössischen Verkehrsdepartement interveniert. Deren Vorsteherin, die damalige Bundesrätin Doris Leuthardt, antwortete umgehend und sicherte die Einsetzung einer Kommission zwischen Bund und Kanton Wallis zu. Eine Reihe von Massnahmen wurden ergriffen sowohl baulicher Art als auch über verstärkte Kontrollen der Fahrzeuge, die oftmals technische Mängel aufwiesen oder deren Lenker bei der Fahrt über den 2000 Meter über Meer liegenden Pass ungenügend vorbereitet waren. So mussten 2019 beispielsweise 118 Lastwagen komplett stillgelegt werden! Allerdings hat sich seit den verstärkten Kontrollen hat sich kein schwerer Unfall mehr ereignet. Es bleibt aber ein grosses Unbehagen: 90'000 Lastwagen überqueren pro Jahr den Simplon, 11'000 davon haben gefährliche Substanzen geladen, welche vor allem von Italien herkommend die Industrie im Wallis und in der angrenzenden Westschweiz beliefern.
Es stellt sich deshalb die Frage, ob solche Transporte nicht vermieden oder zumindest auf die Bahn verladen werden können. In der Schweiz besteht diesbezüglich in der Verfassung ein «Alpenschutzartikel», welche durch eine Initiative eingereicht und in einer Volksabstimmung angenommen wurde. Allerdings dürfte es praktisch unmöglich sein, Gefahrguttransporte über den Simplon auszuschliessen und auch der Verlagerung auf die Schiene sind Grenzen gesetzt, weil sie dort ebenfalls ein vielleicht noch grösseres Risiko darstellen.
Der Bund hat den Ball dem Kanton Wallis zugespielt, um eine einvernehmliche Lösung zu finden, welche die Gefahrguttransporte «auf ein für die anliegende Bevölkerung akzeptables Niveau» eindämmen soll. Eine solche Lösung ist noch nicht in Sicht, weshalb es durchaus denkbar ist, dass der Bund sogar ein Verbot beschliesst mit allen damit verbundenen Folgen. Man kann deshalb auf den «Verlagerungsbericht» gespannt sein, der in nächster Zeit vom Eidgenössischem Verkehrsdepartement veröffentlicht werden soll. In diesem wird die Situation am «schönsten Pass der Schweiz» sicher erwähnt werden.
Eduard Brogli