Im Jahre 1906 wurde der Simplontunnel, der damals längste Eisenbahntunnel der Welt mit einer Länge von 18 km eingeweiht. Die Linie führt von Brig nach Domodossola im Piemont. Der verschlafene Hauptort des Ossola wurde von einem Tag zum anderen in die Welt des schnellen Reise- und Güterverkehrs einbezogen. Stresa wurde zu einer der begehrtesten Reiseziele jenseits der Alpen zwischen London/Paris und Mailand/Venedig. Von Brig, dem Eingangstor nach Zermatt, dem Goms und dem Rhonegletscher, gar nicht zu sprechen. Der Tourismus boomte.
Im Laufe der Jahre entwickelte sich der Verkehr stark, mit Ausnahme der beiden Weltkriege. Der «Simplon-Orient-Express» war die schnellste Verbindung von London nach Istanbul. Der hohe Fahrpreis limitierte die Reisendenzahl. Bereits viel mehr mehr Passagiere beförderten die beiden TransEuropExpress-Züge «Cisalpin» unf «Lemano» Mailand-Genève. Die meisten Fahrgäste reisten hingegen in den Schnellzügen oder im Nachtzug «Riviera Express» in Richtung der Riviera, Mailand-Rom, oder im Sommer der Adriatischen Küste.
Der Simplon war bald wichtiger als die bereits 1871 eröffnete Pionier-Alpenbahn des «Mont-Cenis», welche Lyon mit Mailand verbindet. Diese Strecke ist seit dem letzten Herbst infolge eines Bergsturzes auf der französischen Seite geschlossen. Man hofft auf eine Wiedereröffnung im Spätherbst dieses Jahres.
Warum, so fragen sich Medien in der Schweiz aber auch in Italien, haben die Bahnen nicht an die Wiederaufnahme direkter Züge von Mailand via Stresa, Simplon, Brig, Lausanne und Paris gedacht? Eine Antwort bleiben die Bahnunternehmen leider schuldig.
Trenitalia hingegen klagt, dass die fehlende Verbindung nach Paris jeden Monat einen Verlust von 3 Millionen Euro für den Personenverkehr und 5 Millionen für den Güterverkehr bringt. Bisher sind das 40 Millionen in 5 Monaten.
Dass die Reisenden auf das Flugzeug und die Güter auf die Lastwagen ausweichen ist klar. Sie nachher wieder auf die Schiene zu bringen wird nicht einfach sein.
Dagegen hätte die Bahn mit der Simplonlinie eine ideale Ersatzstrecke zur Verfügung. Warum macht niemand Druck auf die Bahnen ihre Kunden besser zu bedienen? Schade, oder gibt es noch eine Hoffnung? Die Politik ist gefordert.
Walter Finkbohner