OSSOLA-18-01-2019-Als der General Pietro Maria Bartolomeo Ferino im Jahr 1806 Napoleon Bonaparte mitteilte, dass die von Nicolas Ceard geplante Strasse von Domodossola bis nach Brig, mit dessen Bau nur 5 Jahre davor durch den Simplon begonnen wurde, fertig war und mit den Kutschen befahren werden konnte, war dies für ihn kaum zu fassen. Der grosse Feldherr und sein italienischer General, der 22 Jahre älter war und aus Craveggia kam, hatten schon immer ein seltsames Verhältnis zueinander. Napoleon stellte seinen Mut in Frage und konnte nicht verstehen, wie Ferino, nach allen seinen Schlachten, keine einzige Schnittwunde am Körper hatte. Nach der Eroberung von Freiburg hatte er ihn sogar gefragt, in welcher Position er kämpfte. Ganz gelassen antwortete Pietro Ferino, dass er als stolzer General immer an der Front kämpfte. Dass er keine Schnittwunden habe, verdanke er seinem Familienwappen mit einem „bewaffneten Arm ohne Verletzungen, der aber verletzt”. Die Familie Ferino kam ursprünglich aus dem Vigezzo-Tal. Der Vater war ein reicher Geschäftsmann und Bankier. Er siedelte mit einigen seiner Kinder im Jahr 1760 nach Paris um. Pietro, der zweite Sohn, war damals 13. Da es sich nicht um eine adelige Familie handelte, musste er im Alter von 20 Jahren in den Münzensack des Vaters greifen, um in die Österreichische Armee aufgenommen zu werden. Nur die Österreicher stellten normale Bürger als Leutnante ein. Elf Jahre später, im Jahr 1786, starb der Vater, und Pietro Ferino, der in der Zwischenzeit in seiner Militärkarriere zum Hauptmann wurde, verliess die Österreichische Armee und klopfte an der Tür der Franzosen, die nach langen Terrorjahren in Bezug auf die Beamten etwas toleranter geworden sind. Im neuen Karriereabschnitt startete er als Oberst und war sehr brillant. In wenigen Jahren wurde Ferino Grosskomtur der Ehrenlegion und durch ein königliches Dekret von Louis XXVIII, zur Pairskammer Frankreich gewählt. Er war auch an den 100 Tagen der Schlacht bei Waterloo mit Napoleon dabei. Auch am Kommando war sein Verhalten seltsam: einerseits konnte er während der wenigen Schlachttage im Hochrheingebiet 5.000 Louis d’or verdienen, andrerseits verbot er jedoch strengstens die Beschlagnahme von Proviant in einem österreichischen Dorf. Während einer Schlacht gegen die Österreichischen Truppen machte er in einem Bauernhof Rast und genoss mit seinem Gegner Werneck, seinem ehemaligen Waffenbruder, ein Mahl. Während 40 Jahren kam er nur einmal zurück nach Craveggia, auf dem Heimweg nach Paris aus Neapel. Damals war er 59 Jahre alt. Der Empfang seiner Mitbürger war derart warm, dass er sehr gerührt war. Seine drei noch lebenden Brüder und die alte Mutter umarmten ihn nach einem seit Jahren geführten Briefwechsel endlich zum letzten Mal wieder. Die Erinnerung an die ruhmreichen Schlachten und stolzen Siege zieht sich durch die Zeit von der französischen Revolution bis zur zweiten Restauration und ist im Granit des Triumphbogens in Paris verewigt.